Bauvorbereitende Untersuchung im Bereich des Pavillonplatzes im Stadtkern
Projektzeit: 4 Monate
Fläche: 600 m2
Zeitstellung: Mittelalter
GPS-Koordinaten: 52.8333 N, 13.82012 E
Fotogalerie: Eberswalde, Pavillonplatz (2004)
Mit der Untersuchung von zwei archäologischen Fenstern auf dem Pavillonplatz in Eberswalde wurde der Versuch unternommen, vor der Teilzerstörung des Bodendenkmals zwei Flächen exemplarisch zu untersuchen. Auf Grund unzureichender Vorbereitungen, einer mißlungenen Voruntersuchung, mangelhafter wissenschaftlicher Fragestellungen und einem viel zu engem Zeitfenster ist dieser Versuch nur ansatzweise gelungen. So konnten keine vollständigen Hausgrundrisse ergraben werden; über die Struktur der Besiedlung gibt es nur wenige Aufschlüsse.
Klar geworden ist immerhin, daß die frühneuzeitliche Straßenführung nicht in jedem Fall die mittelalterlichen Verhältnisse widerspiegelt. Die Parzellengrenzen und die Hausstandorte waren Veränderungen unterworfen, die nur durch großflächigere Untersuchungen zu erfassen sind.
Details zu den Konstruktionen der Häuser hingegen konnten geklärt und dokumentiert werden. Es kristallisieren sich zwei Typen von Wohnbauten heraus, die jeweils dem gleichen Grundschema folgten, aber immer wieder den örtlichen Wünschen und Gegebenheiten angepaßt wurden. Insgesamt ist kaum eine Weiterentwicklung in der Bauweise im Laufe des Mittelalters erkennbar.
Das Fundmaterial der Untersuchung überragt in seiner Qualität, Erhaltung und Menge die Masse der zeitgleichen brandenburgischen Fundplätze weit. Ein derartig reiches Inventar dürfte allenfalls von Brandenburg/Havel vorliegen. Der Fund einer Schachfigur aus Bernstein stellt eine singuläre Erscheinung wohl im gesamten europäischen Mittelalter dar. Bisher sind Schachfiguren aus Knochen, Geweih, Elfenbein, Halbedelstein und Bergkristall bekannt. Es sind ausgesprochen seltene Fundstücke, die fast ausnahmslos mit Adel oder Hochadel in Verbindung zu bringen sind. Aus Zeitgründen konnte nur ein Bruchteil des gesamten Fundmaterials aus beiden Untersuchungsflächen geborgen werden.
Besonders schmerzlich ist der Verlust, der im Bereich der postulierten curia erfolgen wird. Von dieser wurde mit der Untersuchung lediglich der Randbereich gefaßt. Es wird sich, den Funden nach, um einen befestigten deutschen Herrenhof handeln, dessen Erforschung sicher einen erheblichen Beitrag für die ostdeutsche Burgenforschung geleistet hätte. Weit wichtiger als ihre Erforschung wäre allerdings die kompromißlose Erhaltung der curia im Boden gewesen, die durch die geplante Pfahlgründung nicht gewährleistet ist.
Mit der Bebauung des Pavillonplatzes in Eberswalde ohne ausreichende archäologischen Untersuchungen in angemessener Zeit wurde letztlich die Chance vertan, ein Bodendenkmal europäischen Ranges vernünftig zu erforschen und mit der Dokumentation für die Nachwelt zu erhalten.
H. Rode