Baubegleitende Untersuchung eines mittelalterlichen Straßenzuges
Projektzeit: 8 Wochen
Fläche: 1.125 m²
GPS-Koordinaten: 51.942215 N, 13.899437 E
Zeitstellung: Mittelalter
Die archäologische Untersuchung des östlichen Abschnitts der Lübbener Kirchstraße erbrachte Schichtenfolgen von slawischer Zeit bis in das 16. Jahrhundert, mit einem Schwerpunkt im 13., 14. und 15. Jahrhundert. Jüngeren Datums waren lediglich die Fundamente der Bebauung des 19. Jahrhunderts, die wegen einer leichten Änderung in der Straßenführung in den 1950er Jahren unter der rezenten Fahrbahn erschienen.
Die Befundlage entsprach der einer typischen städtischen Straßensituation des Spätmittelalters. Über einer originär slawischen Ackerschicht mit kreuzweise verlaufenden Pflugspuren, die teilweise nicht überprägt wurde, zogen sich sandige bis sandig-humose Straßenschichten, die in Fahrtrichtung mit Fahrspuren durchsetzt waren. Dies sind im Wesentlichen der Gründungszeit der städtischen Anlage Lübbens zuzuordnen sowie den darauf folgenden Jahrzehnten. Eine Befestigung der Kirchstraße, die eine der beiden Hauptstraßen durch die Stadt darstellt, erfolgte im Verlaufe des 14. Jahrhundert. Die Straße wurde mit hölzernen Straßenbelägen in zwei Fahrbahnen versehen. Da sich die Art der Befestigung unterscheidet, z. B. in der Stärke der Belaghölzer, ist anzunehmen, dass die robustere, nördliche Fahrbahn den größeren Wagengespannen vorbehalten war und die südliche für Fußgänger und kleinere Lasttransporte zugeordnet war. Da sich sehr schnell Fahrrinnen in die Holzbeläge der nördlichen Straße einfraßen, wurde der Belag regelmäßig erneuert. Dazu wurden neue Belaghölzer direkt auf die alten aufgebracht. Teilweise entstanden so fünf Bohlenlagen übereinander. Die letzte erhaltene Lage datiert vermutlich in das ausgehende 14. oder beginnende 15. Jahrhundert.
Eine Beprobung der Hölzer für ein dendrochronologisches Gutachten wurde an geeigneten Stämmen durchgeführt. Im günstigsten Fall können auf diese Weise die Fälldaten der Baumstämme ermittelt werden, die somit fast aufs Jahr genau den Bau der Straßenbefestigungen angeben. Dabei könnten sich durchaus noch Änderungen in der zeitlichen Zusammenfassung der Holzbeläge in den unterschiedlichen „Fenstern“ ergeben. Leider lag das Gutachten zum Zeitpunkt der Berichterstellung noch nicht vor.
Neben den Befunden zum Straßenaufbau konnten zahlreiche andere Befunde erkannt werden. Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang drei angeschnittene mittelalterliche Brunnenbefunde am südlichen Straßenrand auf Höhe des Hauses Kirchstraße 3. Diese lagen im öffentlichen Raum und sind somit für jeden zugänglich gewesen. Gräbchen und Pfostensetzungen am südlichen Straßenrand und um die Brunnenbefunde herum wurden als Erdeingriffe für das Aufstellen von Buden, Pfosten oder Dachkonstruktionen interpretiert, die für verschiedene Zwecke genutzt wurden.