Baubegleitende Untersuchung
Projektzeit: Juli 2017 (4 Tage)
Fläche: 126 m²
Koordinaten: N 52.66630, E 12.33795
Zeitstellung: Eisenzeit/frühe Römische Kaiserzeit, Slawenzeit, Mittelalter
Das untersuchte Grundstück Seestraße 8 liegt im Bereich eines Bodendenkmals mit Siedlungsresten aus der späten vorrömischen Eisen-/frühen Römischen Kaiserzeit sowie aus dem slawischen und deutschen Mittelalter. Auch ist aus der Slawenzeit ein Gräberfeld bekannt. Hohennauen liegt in der Niederung der Havel an der Nordwestspitze des Hohennauener Sees, der ursprünglich am anderen Ende durch einen kleinen Wasserlauf, die Stollense, mit der Havel verbunden war. In frühslawischer sowie in deutsch-mittelalterlicher Zeit war zwischen beiden Gewässern eine ca. 3 ha große Fläche mit einer Abschnittsbefestigung (Wall/Graben) abgeriegelt gewesen. Die Seestraße 8 befindet sich ca. 130 m vom See entfernt, zwar außerhalb der Abschnittsbefestigung, aber im Bereich des mittelalterlichen/frühneuzeitlichen Kietzes. Die Bodenverhältnisse gestalteten sich so, dass unter einer 10 bis 25 cm starken Auffüllschicht ein reliktischer, zur Kulturschicht umgestalteter A-Horizont lag, gefolgt vom B- und C-Horizont.
Als älteste Hinterlassenschaften wurden acht Feuersteinartefakte sowie zwei neolithische Scherben geborgen. Eine konnte der Kugelamphorenkultur zugeordnet werden. Außerdem wurden Siedlungsrelikte der späten vorrömischen Eisen-/frühen Römischen Kaiserzeit, der Slawenzeit sowie des deutschen Mittelalters und der Neuzeit angetroffen. Aus der späten vorrömischen Eisen-/frühen Römischen Kaiserzeit stammen fünf Gruben. Sie zeichneten sich erst in der tiefer gelegten Fläche im Bereich zwischen B- und C-Horizont klar ab. Bei ausreichender Abtiefung würden Befunde dieser Zeitstellung auch im restlichen Bereich entdeckt werden, vor allem weil sich im reliktischen A- bzw. im B-Horizont viele Keramikscherben dieser Zeit fanden. Ein nicht alltäglicher Fund ist ein nagelförmiges Tonobjekt, womöglich eine Art Splint.
Aus der Slawenzeit stammt ein Gebäudebefund. Es handelt sich um ein abgebranntes, aus Eichenstabbohlen errichtetes Grubenhaus, in dessen Verfüllung sich als besonderer Fund ein nietenbeschlagener Lederriemen fand. Ansonsten enthielt sie Keramik vom Sukower und Feldberger Typ. Aus den verbrannten Hölzern konnten drei Jahrringdaten gewonnen werden: um/nach 836, um/nach 840 und um/nach 841. Wegen der Seltenheit dendrochronologisch datierter Keramikkomplexe und der sich daraus ergebenen hohen Relevanz für generelle Datierungen ist diesem Befund einige Bedeutung zuzumessen. Dieser Gebäudebefund lag zudem nicht innerhalb der schon lange bekannten Hohennauener Befestigungsanlage, sondern knapp außerhalb. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wurde mit ihm eine bislang unbekannte Vorburgsiedlung nachgewiesen.
Die meisten Befunde – Gruben und Pfostenstellungen – waren deutsch-mittelalterlicher oder frühneuzeitlicher Zeitstellung und repräsentieren den in der Seestraße befindlich gewesenen Hohennauener Kietz. Sie wurden bis auf zwei Ausnahmen lediglich im Planum dokumentiert. Eine Ansammlung von Pfosten in der Nordwestecke der Untersuchungsfläche könnte ein Gebäude anzeigen. Von den Gruben ließen sich mindestens fünf als Kadavergruben identifiziert. Die meisten Keramikscherben gehören zur Grauware (13.–15. Jh.). Außerdem kommt spätmittelalterliche hartgebrannte Irdenware, frühneuzeitliche innenglasierte Irdenware sowie Malhornware vor. Nichtkeramisch ist ein Bleisenker.