Bauvorbereitende Untersuchung im Gewerbegebiet Am Jungfernsee
Projektzeitraum: September 2018 bis Dezember 2019
Koordinaten: N 52.43478, E 13.05442
Fläche: 4.540 m²
Zeitstellung: Römische Kaiserzeit, Steinzeit (Trichterbecherkultur) u.a.
Die erste bauvorbereitende Untersuchung erfolgte im Herbst 2018 in dem im Nedlitzer Gewerbegebiet seit 2011 angewandten Verfahren in 24 Teilflächen mit Profilgitter, in fotogrammetrischer Dokumentation mit Luftaufnahmen der Plana. Die umfangreichen fundführenden Schichten wurden in Handarbeit abgetragen, bei Dokumentation von durchschnittlich drei Gesamtplana und Einzeleinmessung besonderer Funde bzw. in besonders relevanten Bereichen. Nach Abschluss der Flächengrabung am 10.01.2019 ergaben sich noch Nachuntersuchungen im Zusammenhang mit zwei Kranfundamenten.
Bis zum Abschluss der Flächengrabung wurden 862 Befundnummern vergeben. Überwiegend handelte es sich um Pfosten kaiserzeitlicher Langhäuser, drei Grundrisse wurden rekonstruiert; hinzu kommen vier Grubenhäuser, zwei Kellergruben, fünf Pfostenspeicher und eine Ofenanlage. Weiterhin wurden dokumentiert eine frühbronzezeitliche Hausstelle mit eingegrabenem Gefäß, ein Pfostenhaus der neolithischen Trichterbecherkultur mit fundreicher Kulturschicht, ein ausgedehnter grabenartiger Befund der Trichterbecherkultur in Südteil der Fläche sowie vier frühmittelalterliche eingetiefte Feuerstellen.
Zahlreiche Funde konnten geborgen werden, so eine halbe Streitaxt, eine Steinbeilklinge und reiche Scherbenfunde der Trichterbecherkultur, Scherben der Kugelamphorenkultur, ein Keulenkopfbruchstück (mesolithisch oder neolithisch), ein frühbronzezeitliches Gefäß, eine Flintpfeilspitze, zahlreiche früh- und spätkaiserzeitliche Scherben- und Knochenfunde, Eisenschlacke, eine Bronzenadel und ein Bronzering, eine Riemenzunge, drei eiserne Messerklingen, eine davon zusammen mit Wetzstein, mit anhaftenden gut erhaltenen Textilresten und ein eventuell völkerwanderungszeitlicher radförmiger Bronzeanhänger. Hinzu kamen neuzeitliche Streufunde.
Im Zusammenhang mit der Errichtung eines weiteren Gebäudekomplexes wurde von Januar bis März 2019 eine weitere archäologische Rettungsgrabung durchgeführt. Der Erhaltungszustand der Fläche und der Fundschichten war überdurchschnittlich gut, die Befund- und Funddichte erwartungsgemäß (aufgrund der Gewässerferne) geringer.
Es traten Streufunde der jungsteinzeitlichen Trichterbecherkultur auf, darunter wieder eine halbe Streitaxt, ein Felsgesteinbeil, verzierte Scherben und Feuersteingeräte. Ob ein abschnittsweise kräftiger ausgeprägter fundführender B-Horizont Teil eines neolithischen Erdwerkes ist, konnte nicht geklärt werden. Einige Gruppierungen pfostenartiger Verfärbungen erinnern an die als Totenhütten interpretierten Befunde von 2012 im Wohngebiet. Über die ganze Fläche gab es eine Fundstreuung der frühen Römischen Kaiserzeit (2./3. Jahrhundert n. Chr.), dazu einige flache Grubenbefunde. Die üblichen Siedlungsbefunde (Grubenhäuser, Pfostenhäuser und -speicher) fehlen allerdings, abgesehen von einem Pfostengebäude in leichterer Bauweise und ungewöhnlicher Orientierung, so dass wir es hier wahrscheinlich mit einem speziellen Wirtschaftsareal zu tun haben. Ein gehäuftes Auftreten von Siebgefäßscherben gibt vielleicht einen Hinweis zur Interpretation (Milchverarbeitung).